faceland® Galerie: im vorbeigehen

In unserer Ausstellung „im vorbeigehen“ präsentieren wir zwei sehr unterschiedliche Linien der fotografischen Arbeiten von Beate Nothnagel. Größer könnten die Gegensätze kaum sein.

Auf der einen Seite stehen die poetischen schwarz-weißen Stilleben, auf denen die Zeit still zu stehen scheint, detailreich und akkurat ausgearbeitet. Die paarweise Anordnung stellt die Motive in enge Beziehung zueinander: Neben den sich ergänzenden Motiven wird ein keineswegs harmloses ‚Dazwischen’ erfahrbar, ein geheimnisvolles, vielleicht schon abgründiges Moment.

Auf der anderen Seite stehen die farbigen Berliner Straßenszenen: wild, schemenhaft, expressionistisch. Durch das so genannte „Intentional Camera Movement“ (ICM) verfremdet Beate Nothnagel die alltäglichen Bilder der Stadt und holt sie ‚im vorbeigehen’ in eine Gegenwart von nur noch Erahnbarem. Details verschwinden zu Gunsten der großen Geste, die dynamische Bewegung der Großstadt lässt das Geschehen tanzen. In einer Welt der Schemen und Phantome öffnet sich Raum für die Geschichten dahinter.

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Beate Nothnagel wurde 1963 in Graz/Österreich geboren.

Schon als Jugendliche schloss sie sich der gesellschaftskritischen Grazer Gegenkultur an und hielt Lesungen ihrer Texte und Gedichte in Jazz-Cafés und Jugendzentren.

Gleich nach dem Abitur zog sie 1982 nach Berlin, angezogen vom Ruf der Mauerstadt als Zentrum politischen Protests. Recht schnell schloss sie sich der äußerst lebendigen und ekstatischen Subkultur der 80er Jahre im damaligen West-Berlin an. Sie wurde Musikredakteurin und Moderatorin bei Radio 100 (dem ersten privaten Radiosender Berlins) und sorgte dort für einen zum ersten Mal so im Radio hörbaren konsequent „schrill-schrägen“ Sound, der jeglichen Mainstream ausschloss. Sie schrieb Artikel für die Musikredaktion der taz und des Tip Berlin, organisierte Konzerte im damaligen Quartier Latin und hatte eine eigene Frauenband namens „Rambo 13“.

In den 90er Jahren studierte Beate Nothnagel Ethnologie, wurde Heilpraktikerin und wandte sich buddhistischer Theorie und Praxis zu. Nebenbei entstanden viele Bilder in Acryl und Kreide.

Seit 1993 arbeitet sie mit Menschen mit geistiger Behinderung bei der Lebenshilfe Berlin. Zudem engagierte sie sich im Rahmen eines Studiums der Psychologie in Inklusionsprojekten für Menschen mit chronisch psychischer Erkrankung. Seit 2006 ist Beate Nothnagel Diplom-Psychologin.

Erst 2008 entdeckte sie das Medium der Fotografie für sich – als Möglichkeit, Momente persönlicher Wirklichkeitserfahrung festzuhalten.